
HolsingVital - Heilquelle
Calcium-Sulfat-Quelle
Seit den Anfängen der Naturheilkunde spielen das Wasser und sein Gebrauch zur Erhaltung der Gesundheit in Form von kalten und warmen Bädern (Voll- und Teilbädern) eine große Rolle.
Als natürliches Heilmittel des Bodens ist das Quellwasser von besonderer Reinheit und als kochsalzarmes Wasser auch zu Trinkkuren geeignet.
Das Wasser entfaltet seine Wirkung vor allem in Magen und Dickdarm und wirkt verdauungsanregend. Die Mineralien regen die gastrointestinalen Hormone an, die den autonomen Regulationsmechanismus der Verdauung in Gang setzen.



Einsatzbereiche des Heilwassers:
Auszug aus der Analysentabelle:
HolsingVital - Heilquelle
Von Sebastian Schröder (Ortschronist Bad Holzhausen)
Die Stadt Lübbecke im Westen des jetzigen Kreises Minden-Lübbecke umgab einst umfangreiches Gemeinheitsland, die sogenannte Lübbecker Mark. Eingesessene zahlreicher Kirchspiele und Bauerschaften nutzen die Ressourcen der Mark. Etwa deckten sie dort ihren Bedarf an Bau- und Brennholz und mästeten ihr Vieh. Dieses Gebiet bereiste im Juli 1710 der Notar Fincke. Zwischen der Bauerschaft Obermehnen (heute Teil der Stadt Lübbecke) und dem Kirchspiel Holzhausen (ein Ortsteil der heutigen Stadt Preußisch Oldendorf), exakter der eingepfarrten Bauerschaft Dummerten, machte er Rast. Genau hier verlief die Landesgrenze zwischen dem Fürstentum Minden und der Grafschaft Ravensberg. Beide Territorien unterstanden dem preußischen König. Während Obermehnen zu Minden gehörte, zählte Holzhausen zu Ravensberg. Fincke hielt inne und blickte umher. In der unsäglichen Sommerhitze plagte ihn großer Durst. Plötzlich entdeckte er auf Holzhauser Grund oberirdische Wasseraustritte. Der Notar schritt zügig näher und nahm einen kräftigen Schluck. Das Wasser schmeckte irgendwie anders als er es gewohnt war. Ob es sich wohl um eine mineralische Quelle handele?
Eilig kehrte er deshalb zurück nach Lübbecke. Freudig berichtete Fincke dem dort ansässigen Arzt Johann Gabriel Rudolphi von seiner Entdeckung. Anfänglich zeigte der Mediziner allerdings kein gesteigertes Interesse. Schließlich führte er drei Jahre später, 1713, dann doch erste chemische und mineralische Proben durch. Das Ergebnis löste große Begeisterung bei ihm aus, zumal der Arzt insgesamt fünf Quellen ausfindig machen konnte, die für Gesundheitskuren geeignet schienen. Euphorisch notierte Rudolphi: „Es müssen stets allda die Curen glücklich seyn!“ Nun träumte er davon, Gäste an den Heilquellen begrüßen zu können. Im Frühjahr 1714 war es endlich soweit: Der Mediziner warb für die gesundheitsfördernde Wirkung der Holzhauser Quellen – anscheinend mit Erfolg, schenkt man seinen Berichten Glauben. Seine Bilanz am Jahresende umfasste über 2.000 Gäste, von denen 200 von allen Leiden kuriert werden konnten.
Nun hatte Rudolphi endgültig Feuer gefangen – er wollte das Holzhauser Brunnenwesen möglichst angenehm für die zu erwartenden Besucherscharen gestalten. Denn bislang erinnerten die Zustände kaum an mondäne Erholung. In unmittelbarer Nähe grasten Kühe und Schweine, die die Quellen als Tränke nutzten. Enten schwammen auf den Wasserflächen und verschmutzten das heilende Elixier mit ihrem Kot. Auch die benachbarten Bauern standen den Plänen ablehnend gegenüber. Einerseits befürchteten sie eine Verknappung ihrer notwendigen Weidegründe, andererseits hielten sie den Arzt für einen Betrüger oder Pfuscher. Seine angeblichen Heilpulver, die er in der Nähe der Quelle gewinne, würden sich in Wirklichkeit als gemahlene Ziegelsteine erweisen.
Ungeachtet diverser Anfeindungen wich Rudolphi nicht von seinem Plan ab. Er kontaktierte sogar den preußischen König, also den Landesherrn. Der Mediziner bat um Erlaubnis, die Quelle mit steinernen Ringen einfassen zu dürfen. Zudem schwebte dem umtriebigen Arzt die Anlage eines Badehauses, einer Pension und einer Allee vor. König Friedrich Wilhelm I. (1688–1740) zeigte allerdings wenig Neigung, den Brunnen mit staatlichen Mitteln zu fördern. Er hatte jedoch nichts dagegen einzuwenden, dass Rudolphi seine Vorstellungen auf eigene Kosten umsetze und die Aufsicht über das Brunnenwesen übernehme.
Tatsächlich scheint es in der Folge zu einer gewissen Blüte der Anlage gekommen zu sein. Zwar sah sich das Projekt steten Anfeindungen der bäuerlichen Bevölkerung und anderen Widrigkeiten gegenüber, doch die schriftlichen Aufzeichnungen wissen auch Positives zu berichten. So bedecke ein schlichtes Brunnenhäuschen den sogenannten Trinkbrunnen. Die zweite Quelle werde als Trink- und Badebrunnen genutzt, um Skorbut zu heilen, eine dritte lindere Augenleiden. Das rege Treiben, das Rudolphi beschrieb, lockte sogar Händler und Kaufleute in das Grenzgebiet. Boutiquenbesitzer hätten ihre Waren feilgeboten; ein Koch bewirtete die Kurenden. Unter ihnen befanden sich auch Honoratioren, etwa Pfarrer oder Bürgerliche. Der Holzhauser Geistliche Friedrich Rothe behauptete kühn, der Holzhauser Brunnen übertreffe sogar noch die Wirkungen der Pyrmonter Heilquelle.
Mit fortschreitendem Alter konnte sich Rudolphi dann aber nicht mehr ausreichend um seine Herzensangelegenheit kümmern; zusehends verfielen die Einrichtungen. Als sich der Apotheker Friedrich Dietrich Mönchking, ebenfalls ein Bürger der Stadt Lübbecke, 1733 anschickte, den Gesundbrunnen instand zu setzen, bot sich ihm ein trostloses Bild. Die Brunnenabdeckung war zerbrochen, die Rinnen, die das Abwasser von der Quelle fernhalten sollten, waren ruiniert. Um dem Niedergang Einhalt zu gebieten, ergriff Mönchking die Initiative und plünderte sein eigenes Portemonnaie. Der Apotheker ließ ein 13 Quadratmeter großes Brunnenhaus errichten, um das Eindringen des Viehs zu verhindern. Der Bauer Reisebrink, der direkt nebenan seinen Hof bewirtschaftete, schloss den Brunnengästen die Tür des Häusleins auf. Zudem schöpfte er gegen ein gewisses Entgelt auch das heilende Wasser.
Doch Mönchking hatte mit denselben Problemen wie sein Vorgänger zu kämpfen. Ein Teil der Landbevölkerung schöpfe trotz Verbots eigenmächtig Wasser – „mit ungewaschenen Händen und mit unsauberen Gefäßen“. Als der Apotheker die Bauern zur Rede stellte, beschimpften sie ihn und drohten, des Nachts „Kot und Menschen Mist und Urin“ in den Brunnen zu werfen. Vermutlich sorgten sich die Landleute, dass ein ausuferndes Brunnenwesen ihre Weidegründe beeinträchtige oder gar zerstöre.
Die Zeiten hatten sich jedoch in einem Punkt gravierend verändert: Friedrich Wilhelm, der strenge „Soldatenkönig“, war 1740 verstorben. Ihm folgte sein Sohn Friedrich II. (1712–1786), der sich als „Philosoph auf dem Thron“ einen Namen machen sollte und schon zu Lebzeiten als „der Große“ verehrt wurde. Dieser Feingeist bringe gewiss mehr Verständnis für die Förderung des Holzhauser Gesundbrunnens als sein kühl agierender Vater auf, hoffte Mönchking. So wandte sich der Apotheker zu Beginn der 1740er-Jahre an das preußische Staatsoberhaupt. Und tatsächlich ordnete Friedrich II. umfangreiche Untersuchungen an. Die Studien seiner Beamten bescheinigten die herausragende Heilkraft der Quellen. Möglicherweise war der behördliche Blick aber von Neid auf das nahe, blühende Pyrmont getrübt, das allerdings nicht zum preußischen Staatsgebiet gehörte. Holzhausen könne, so die Ansicht der Staatsdiener, den berühmten „ausländischen“ Kurort eventuell sogar in den Schatten stellen – wenn es nicht an der nötigen „Kommodität“ oder Bequemlichkeit sowie Unterkünften für die Gäste mangele. Die preußischen Lokalverwaltungen vollzogen daher eine Kehrtwende um 180 Grad. Sie sprachen nun davon, dass die Einrichtung eines Brunnenhauses unumgänglich sei. Wahrscheinlich erhofften sie, dass der Badebetrieb Geld in die chronisch klammen Staatskassen spüle. Deshalb befahl der König seinem Baurat Bielitz, einen Grundriss nebst Bauplan zu entwerfen. Bielitz plante daraufhin große Eingriffe in die naturräumlichen Gegebenheiten. So sollte die Quelle mit einem repräsentativen Brunnenhaus vor eindringendem Schmutz geschützt werden. Sich kreuzende Sichtachsen und Alleen sollten die Blicke auf die Heilquelle lenken. Zudem sah der Entwurf des Baurats vor, dass die Promenaden zu einem imposanten Gästehaus („Corps de Logis“) führen sollten. Bielitz sah eine zweistöckige Ausführung sowie zusätzlich ein ausgebautes Dachgeschoss vor. Von dem zentralen Saal oder der Eingangshalle zweigten Gänge zu den Kammern ab. Eine Küche und Zimmer für den Aufseher durften selbstverständlich nicht fehlen, gleiches galt für „Abtrittsmöglichkeiten“. Einen Haken gab es jedoch: die Kosten, die der Baurat mit Ausgaben in Höhe von über 6.400 Talern berechnete!
Außerdem mussten die Grundstückseigner, also die Markennutzer, ihre Zustimmung erteilen. Erstaunlicherweise hatten die Besitzer der umliegenden bäuerlichen Gehöfte nichts einzuwenden. Nach anfänglichen Zwistigkeiten witterten sie nämlich nun Profit. Denn in ihren Häusern beherbergten die Bauern die Besucher der Heilquelle und verschafften sich somit ein Zubrot. Einspruch erhoben dagegen die ebenfalls in der Mark berechtigten Adligen. Sie könnten unmöglich der Weide entbehren, protestierten sie.
Allerdings scheiterte das ambitionierte Projekt schließlich doch, weil die geplante Etablierung einer Lotterie zur Finanzierung der enormen Kosten misslang. Erschwerend kamen die Wirren des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) hinzu. So hatte sich während der 1760er-Jahre wenig an der notdürftigen Beschaffenheit des Brunnens geändert. Dabei waren sich die führenden Lokalbeamten immer noch einig hinsichtlich der Heilkraft der Quelle. Staatliche Anreize sollten daher bauwillige „Entreprenneurs“ oder Investoren locken. Daraufhin ergriff im Jahr 1767 der Steuereinnehmer Niemann aus Oldendorf erneut die Initiative. Auf eigene Kosten wollte er ein Gästehaus bauen. Neben zehn einfachen Gästestuben schwebten ihm ein großes Speisezimmer, ein Keller, eine Küche und ein großer Saal im Obergeschoss vor. Mit den eingeforderten „staatlichen Förderungen“ konnten sich die preußischen Behörden jedoch nicht anfreunden. Außerdem verweigerte der Adel weiterhin seine Zustimmung, sodass auch dieses Vorhaben letztendlich am Verhandlungstisch scheiterte. Resigniert gab Niemann schließlich auf.
Die Bilanz des 18. Jahrhunderts sieht dementsprechend ernüchternd aus: Keines der hehren Ziele konnte verwirklicht werden. Weder wandelten Kurende unter schattenspendenden Alleebäumen, noch amüsierten sie sich im Saal eines Gästehauses. Adel und Bürgerliche mieden die rustikalen Bauernhäuser, deren Besitzer lediglich Kammern zur Verfügung stellten. Enttäuscht stellte Steuereinnehmer Niemann fest, dass den Bauern eine einfache Unterkunft genüge; an noble Herbergen sei nicht zu denken. So ist die Historie des Holzhauser Brunnenwesens im 18. Jahrhunderts vor allem eine Geschichte kühner Träume, die verblassten, und geplatzter Hoffnungen. Die Zeit eines ausgedehnten Kur- und Badebetriebs schien noch nicht reif gewesen zu sein – erst die Zukunft sollte die Wende bringen.
Literatur:
Kaspar, Fred, Brunnenkur und Sommerlust. Gesundbrunnen und Kleinbäder in Westfalen, Bielefeld 1993.
Schröder, Sebastian, Zur Geschichte des Holzhauser Gesundbrunnens im 18. Jahrhundert, in: HolsingVital 1713–2013. 300 Jahre. Gestern. Heute. Morgen. Von der Entdeckung der Heilquelle zum modernen Gesundheitszentrum, hrsg. von der HolsingVital GmbH, Pr. Oldendorf 2013, S. 15–26.